Margarete Zimmermann (Herausgeberin)
„Ach, wie gût schmeckt mir Berlin“
Französische Passanten im Berlin der zwanziger und frühen dreißiger Jahre.
Impressionen von René Crevel, Jean-Richard Bloch, André Gide, Jean Giraudoux, Pierre Mac Orlan u.v.a.
Mit Illustrationen von George Grosz u.a.
292 Seiten, engl. Broschur, Fadenheftung, 24,90 Euro.
ISBN 978 3 93110958 5
Französische Schriftsteller, Journalisten und Künstler waren fasziniert von dem zutiefst widersprüchlichen Berlin der zwanziger und frühen dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts, der Stadt der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Bauens, der neuen Vergnügungsorte und Konsumtempel, einer neuen Körperkultur und Sexualmoral; sie besuchten die Salons im Berliner Westen, die Elendsquartiere im Osten und Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft, aßen bei Aschinger oder im Haus Vaterland und trafen sich im Café Schottenhaml mit deutschen Freunden wie George Grosz. Früh richtete sich ihr Blick mit bangem Interesse für „Weimars Ende“ auf die Verfallserscheinungen der Stadt.
Der luzide „fremde Blick“ schlug sich nieder in literarischen Skizzen, Reportagen, Zeitungsartikeln (oft für damals einflussreiche Blätter wie dem von Henri Barbusse herausgegebenen Monde), in Briefen und Tagebuchnotizen.
Diese schwer auffindbaren, auch heutigen französischen Lesern meist unbekannten Zeitzeugnisse wurden erstmals ins Deutsche übersetzt.
Abgerundet wird der Band durch zahlreiche Zeichnungen der zeitgenössischen Berliner Graphiker Karl Arnold, Rudolf Schlichter und vor allem George Grosz (der auch etliche der französischen Veröffentlichungen illustrierte); das Umschlagbild gibt ein Aquarell der Berliner Malerin Jeanne Mammen wieder.
Die zweiundzwanzig Autoren repräsentieren die ganze Breite des intellektuellen Frankreichs der Zeit, von der Linken (Jean-Richard Bloch, René Crevel, Mac Orlan, Magdeleine Paz, Philippe Soupault, Simone Weil, Léon Werth u. a.) bis zu Konservativen (wie Pierre Drieu La Rochelle), vom jungen Germanisten Pierre Bertaux bis zu André Gide, Jean Giraudoux, Yvan Goll und Roger Martin du Gard.
Die Autoren werden den deutschen Lesern jeweils in einem Avant-propos vorgestellt.
Paul Morand nennt Berlin ein mißglücktes New York. Wer weiß, ob nicht in zwanzig Jahren New York ein mißglücktes Berlin ist! Man mag sagen, was man will: Berlin ist europäisch. Paris ist noch die ideale Hauptstadt, aber man muß weiterkommen. Berlin bekommt jetzt etwas von Paris, etwas von New York. Reisen wird immer leichter, bald wird es ganz überflüssig sein: europäische Mimikry, später universelle.
Berlin und Paris haben mancherlei miteinander ausgetauscht — so beginnen oft Liebesbeziehungen, aus denen glückliche Ehen werden können. Reist nächsten Sonnabend ab, ins Week-end Berlin. Um einige Vorurteile zu revidieren und manches Wertvolle kennenzulernen.
Amédée Ozenfant, 1931
Margarete Zimmermann, geboren am 7. Juni 1949 in Bad Oeynhausen, lebt in Berlin. Sie studierte Romanistik, Germanistik und Komparatistik in Paris, Freiburg, Hamburg, Perugia und Bordeaux. Von 1998 bis 2002 war sie Professorin für Romanische Philologie an der TU Berlin, ab 2006 Professorin für Vergleichende Literaturwissenschaft am Frankreich-Zentrum der FU Berlin. Von 2008 bis 2014 war sie Direktorin des Frankreich-Zentrums. 2010 wurde Margarete Zimmermann zum Chevalier de la Légion d’honneur ernannt. Über die Fachgrenzen hinaus bekannt ist ihre Studie über Christine de Pizan (Rowohlts Monographien).