Meyer-Wehlack, Benno - SchlattenschammesBenno Meyer-Wehlack
Schlattenschammes oder Berlin am Meer
Erzählung aus dem Nachkrieg.
174 Seiten, engl. Broschur, Fadenheftung, 18,00 Euro.
ISBN 978 3 93110966 0

Ein „Schlattenschammes“ ist ein Faktotum, das in der Synagoge die niedersten Hilfsarbeiten verrichtet, sich jedoch für unentbehrlich hält. Der siebzehnjährige Rolf Hellhoff (ein Alias des Autors) aus dem Berliner Neu-Westend, eben mit Mühe dem Krieg und der erzwungenen Gemeinsamkeit in einem HJ-Lager entkommen, wird ein idealistischer Schlattenschammes im zerstörten Berlin, dem Berlin am Meer, wie ein Sinn-Bild der unmittelbaren Nachkriegszeit hieß — im rasch wieder eröffneten Boulevardtheater Tribüne, im Dunstkreis eines Victor de Kowa: das Theater ist die Welt, die Welt das Theater. Es ist „die Zeit der schönen Not“, wie Erich Kuby sie nannte; im Kampf ums bloße Dasein wird diese „Geschichte eines jungen Mannes“ zur Éducation sentimentale.
Schlattenschammes entstand um 1969 und wurde hier 2015 erstmals veröffentlicht.

Sah über alle hinweg, die da vor ihm saßen, bis hin zur Tür vom Foyer.
„Wir waren achtzehn und hatten Angst“, sagte er. Die Stille da unten. Was für eine Stille? Weiter.
Das Gedicht. Die Zeilen des Dichters, der verboten war in der anderen Zeit. Der nun erlaubt ist: Erich Kästner, der das schrieb nach dem Krieg, dem vorigen, dem vor dem letzten. … Der Junge hob nicht die Stimme. Ein Sprechen wie aus Kalk heraus. Er stand unbewegt, ein Zurückgekommener, nach einem Krieg später.
Er wollte auch nur sagen: das war nicht meine Angst. Wahrscheinlich auch nicht die der anderen in meinem Alter. Wir hatten Angst, aber es war ein anderer Krieg. Wir haben damit gelebt wie mit einem Hautausschlag, die Angst kam erst danach, als alles vorbei und anders war. Kommt jetzt, wenn ich mich erinnere und denke, es könnte noch einmal geschehen. Ich würde wahnsinnig werden, weil ich es jetzt weiß.

Benno Meyer-Wehlack, geboren am 17. Januar 1928 in Stettin, gestorben am 16. Februar 2014 in Berlin. Er begann 1949 als Autor von Kurzgeschichten und Feuilletons, die viele Zeitungen – so die Neue Zeitung Erich Kästners – druckten. Erich Kuby konstatierte: „Wir haben Literatur vor uns vom Rang des Werks eines Robert Walser.“ Benno Meyer-Wehlack war Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland und seit 1984 Mitglied der Berliner Akademie der Künste. In der (literarischen) Öffentlichkeit bekannt wurde er als Hörspiel- und Drehbuchautor (der Regisseur Peter Lilienthal und der Kameramann Michael Ballhaus arbeiteten mit ihm zusammen); 1957 erhielt er den renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden.