Wolfskehl, Kart - LebensluftKarl Wolfskehl
Lebensluft oder Ein Vormittag bei Hermes
Essais aus den Jahren 1925-1932.
Hg. und mit einem Nachwort von Eckhart Köhn.
148 Seiten, engl. Broschur, Fadenheftung, 18,00 Euro.
ISBN 978 3 92181056 9

Karl Wolfskehls Essais sind weitgehend unbekannt. Für den heutigen Leser stellen sie jedoch den vielleicht reizvollsten Teil seines Werks dar. Erschienen in den wichtigsten Zeitungen und Zeitschriften der 1920er Jahre, verbindet sich in ihnen die Leichtigkeit des Feuilletons mit der Kraft einer Sprache, die aus den Quellen der deutschen und jüdischen Literatur seit dem Barock schöpft. Wolfskehl behandelt Phänomene der Alltagskultur im Licht einer reflektierten Tradition. „Nächstes und Surreales“ hat Walter Benjamin darin erkannt. Festmachen lässt es sich an Begriffen wie Bild, Aura, Maske, Zauber und Glück. In welchem Maße zu dieser Sphäre des erfüllten Augenblicks die Bücherwelt gehören kann, zeigen seine Lektionen zur Bibliophilie — die zum Schönsten gehören, was über den Umgang mit Büchern geschrieben wurde. Im vorliegenden Band werden sie nach Jahrzehnten erstmals wieder veröffentlicht.

Lobgesang „aus voller Wolfskehle“

Büchern bin ich zugeschworen,
Bücher bilden meine Welt,
Bin an Bücher ganz verloren,
Bin von Büchern rings umstellt.
Zärter noch als Mädchenwangen
Streichl’ ich ein geliebtes Buch,
Atme bebend vor Verlangen
Echten Pergamentgeruch.
Inkunabeln, Erstausgaben,
Sonder-, Luxus-, Einzeldruck:
Alles, alles möcht ich haben —
Nicht zum Lesen, bloß zum Guck!
Bücher sprechen ungelesen —
Seit ich gut mit Büchern stand,
Weiß ich ihr geheimstes Wesen:
Welch ein Band knüpft mancher Band!
Bücher, Bücher, Bücher, Bücher …
Meines Lebens Brot und Wein!
Hüllt einst nicht in Leinentücher —
Schlagt mich in van Geldern ein!

Karl Wolfskehl, geboren am 17. September 1869 in Darmstadt, gestorben am 30. Juni 1948 in Bayswater, Auckland, Neuseeland. Er entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie. Der Dichter, Essayist, Übersetzer, Germanist und „Antiquar“ Karl Wolfskehl charakterisierte sich selbst als „jüdisch, römisch, deutsch zugleich“. Er gehörte zum inneren Kreis um Stefan George. Freundschaften verbanden ihn mit Friedrich Gundolf wie mit Hugo von Hofmannsthal, mit Franziska zu Reventlow, Martin Buber, Franz Hessel, Walter Benjamin, Alfred Kubin und Else Lasker-Schüler. 1933 emigrierte Wolfskehl nach Italien und flüchtete 1938 weiter nach Neuseeland, wo der exul poeta 1948 vereinsamt starb.