Charles-Augustin Sainte-Beuve
Causerien am Montag: Aufklärung aus dem Geist der Salons
Herausgegeben und aus dem Französischen übersetzt von Robert Zimmer.
168 Seiten, engl. Broschur, Fadenheftung, 19,80 Euro.
ISBN 978 3 93110961 5
In Zeitschriften wie dem Constitutionnel und dem Moniteur officiel veröffentlichte Sainte-Beuve von 1849 bis 1857 und von 1861 bis zu seinem Tod jeden Montag einen Rezensionsessay. Mit diesen „Montagsplaudereien“, den Causeries du Lundi, die später in sechszehn Bänden und als Nouveaux Lundis in dreizehn weiteren zusammengefasst wurden, schuf er sein eigentliches Hauptwerk und erhob die Feuilletonrezension zur Kunstform.
Unsere Ausgabe vereinigt sechs repräsentative Lundis, davon vier zum ersten Mal in deutscher Übersetzung. Sie zeigen vornehmlich den Aufklärer Sainte-Beuve. Dazu gehörte sein Klassikerbegriff ebenso wie die für Handwerker in Paris organisierten Abendvorlesungen oder die traditionelle literarische Pariser Salonkultur: exemplarische Orte und Formen von Urbanität. Unsere Ausgabe soll den deutschen Leser mit einem kritischen Autor (und glänzenden Stilisten) bekanntmachen — erstmals seit Jahrzehnten —, der die Trennung zwischen Literatur, Literaturgeschichte und gesellschaftlicher und geselliger Kommunikation souverän überwand.
Ein Essay des Herausgebers beschließt die Ausgabe.
Urbanität bezeichnete nicht nur eine Qualität des Sprachgebrauchs und der geistigen Haltung, sondern auch eine Art von Tugend, ein soziales und moralisches Vermögen, das einen Menschen gegenüber anderen gefällig macht. Urbanität haben bedeutet, sich nicht für etwas Besseres zu halten als andere, nicht zu predigen und niemanden im Namen der Sitten zu beleidigen. Die harten, bäuerlichen, wilden und fanatischen Geister stehen außerhalb der Urbanität; die mürrische Kritik, auch wenn sie etwas Treffendes sagt, kann darauf keinen Anspruch erheben. Auch die melancholischen Geister sind davon ausgeschlossen, denn jede Urbanität hat Freude und Heiterkeit zur Grundlage und ist mit einem Lächeln verbunden.
Charles-Augustin Sainte-Beuve
Charles-Augustin Sainte-Beuve, geboren am 23. Dezember 1804 in Boulogne-sur-Mer, gestorben am 13. Oktober 1869 in Paris. Literaturkritiker und Schriftsteller. Als Sainte-Beuve im Alter von 65 Jahren in Paris starb, nahmen die literarische Elite Frankreichs und Tausende Trauernde an der Beerdigung teil. „Mit wem soll ich mich jetzt noch über Literatur unterhalten?“ klagte Flaubert. Mit Sainte-Beuve verlor die französische Öffentlichkeit des 19. Jahrhunderts ihren anregendsten und einflussreichsten Literaturkritiker. Aber auch in den folgenden Jahrzehnten kam kein französischer Schriftsteller von Rang – bis hin zu Marcel Proust – um eine Auseinandersetzung mit dem „König der Literaturkritik“ herum.
Robert Zimmer, geboren 1953 in Trier, ist Philosoph, Essayist und Literaturwissenschaftler. Als freier Autor und Publizist lebt er seit 2013 in Stuttgart.