Renoir, Jean - Das Verbrechen des EngländersJean Renoir
Das Verbrechen des Engländers
Eine Erzählung vom Landleben.
Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort von Ralph Eue und Rolland Platte. 120 Seiten, Engl. Broschur, Euro 12,40
ISBN 3 92181054 X

Ein Kriminalfall in der Provinz, die hintergründige Geschichte eines blutigen Raubmords im Weiler Chèze Dieu in der Bourgogne: am 22. Dezember 1883 werden die Leichen eines spleenigen, reichen Hofbesitzers und seiner Angehörigen entdeckt.
Die kleinen Winzer und Tagelöhner der Umgebung ahnen, dass der Mörder ein zwielichtiger Fremder ist, der ehemalige Kavallerist Trancard, genannt „der Engländer“; aber sie lassen den Untersuchungsrichter im dunkeln tappen. Das eingefleischte dumpfe Misstrauen gegen die Gendarmen ist stärker als das Entsetzen über die Tat, so dass deren Aufklärung nicht das Ergebnis der Ermittlungen ist, sondern Folge einer Explosion von inneren Widersprüchen.
„Es ist ein Ensemble aus Personen, deren Schicksale ineinander verstrickt sind; aber es scheint, als hätten Klima, Nahrung, Arbeit und die ländlichen Traditionen der Bourgogne sie hervorgebracht – ähnlich einem Wein, der ja auch die Erinnerung an Lage, Boden und Wetter in sich aufbewahrt“, sagte Jean Renoir, selbst in dieser Landschaft aufgewachsen, über die 1979 – kurz vor seinem Tod – entstandene Erzählung.

Am großen Kamin wurden die Nachrichten in Umlauf gebracht. Hier, wo sich abends die Bauern vor dem Feuer versammelten und auf ihre Suppe warteten, überbrachten die Einwohner von Villiers einander die Neuigkeiten. So kam es, daß das Verbrechen in der Chèze Dieu schon am selben Abend Gesprächsthema war.
Die Bewohner von Villiers wußten sehr wohl, daß der Engländer die Schlächterei begangen hatte, aber das war kein Grund zu „plaudern“. Sie hätten nur einige Schritte gehen müssen und hätten dem Staatsanwalt Auriole im Hotel de l’Etoile gegenübergestanden. Trancard wäre auf der Stelle festgenommen worden und das Dorf von dieser überschweren Last befreit gewesen. Diese Lösung schien den Bewohnern von Villiers jedoch nicht annehmbar. Der Engländer genoß den geheimnisvollen Schutz der Bevölkerung aus dem schlichten Grund, daß die französischen Bauern immer gegen die Gendarmen eingestellt sind.

Jean Renoir wurde am 15. September 1894 in Paris geboren, starb am 12. Februar 1979 in Los Angeles und ist begraben neben seinen Eltern in Essoyes in der Bourgogne – dem ländlichen Schauplatz seiner Kriminalerzählung Das Verbrechen des Engländers.
Jean Renoirs Ruhm rührt zwar her von seinen Filmen, er schrieb aber auch Theaterstücke, eine Biographie seines Vaters, eine Autobiographie und Erzählungen, die stilistisch seinen Filmen eng verwandt sind, „tollkühn in ihrer Einfachheit“, wie Jean-Luc Godard urteilte.