Lola Landau und Armin T. Wegner
„Welt vorbei“
Abschied von den sieben Wäldern.
Die KZ-Briefe 1933/1934.
Aus dem Nachlass herausgegeben von Thomas Hartwig; besorgt von Jutta Siegert und Peter Moses-Krause.
Reihe Bücher des 9. November, fünfter Band.
104 Seiten, engl. Broschur, Fadenheftung, 12,40 Euro.
ISBN 978 3 93110914 1
„Welt vorbei“ hatte Lola Landau ihren idyllischen Zufluchtsort am Stechlin-See genannt. „Wie sehr hat sich dieses Wort gewandelt! Denn damals war es die laute Welt draußen, die hier für uns endete“, schrieb Armin T. Wegner 1934. „Nun ist diese Welt der Schönheit und des Friedens selbst für uns vorbei!“ Da war er – der deutsche Dichter und Pazifist – eben aus der Haft (in den Konzentrationslagern Oranienburg, Börgermoor und Lichtenburg) entlassen worden, sie – die deutsche Jüdin – im Exil in London. Von der schrecklichen Verwüstung ihres Lebens und ihrer Beziehung unter diesen Vorzeichen reden die hier erstmals veröffentlichten „KZ-Briefe“ aus den Jahren 1933/1934.
Hier haben in diesen Tagen die ersten Herbststürme eingesetzt. Weißt du noch, wie wir sonst in diesen Tagen auf das Röhren der Hirsche in den Wäldern am Stechlin lauschten? Hier herrscht nur der Wind auf der endlosen Weite. Gestern wehte der Sturm so stark, daß er die Dächer einzelner Baracken anhob, Teerpappen und Dachlatten abriß, einen Schornstein umwarf und ungeheure Massen von Sand durch die Luft trieb. In der Ferne war das ganze Moor von Finsternis erfüllt und ungeheure Wolken von trockenem Torfstaub wirbelten wie schwarze Rauchschwade vorüber. Als der Sturm etwas nachließ, blieb ich auf dem freien Platz im Lager stehen, und ich suchte mir vorzustellen, daß es nicht die Luft war, die sich um mich bewegte, sondern der Boden unter meinen Füßen …“
Lola Landau, geboren am 3. Dezember 1892 in Berlin, gestorben am 3. Februar 1990 in Jerusalem. Schriftstellerin. Erste Gedichtveröffentlichungen zwischen 1910 und 1912 im Berliner Tageblatt. In erster Ehe war sie mit dem Breslauer Philosophen und Sozialdemokraten Siegfried Marck verheiratet. 1920 Ehe mit dem Schriftsteller Armin T. Wegner. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten gelang es ihr, ihre Kinder im Ausland in Sicherheit zu bringen. Sie selbst floh nach Palästina, wo sie als Englischlehrerin und Schriftstellerin arbeitete.
Armin T. Wegner, geboren am 16. Oktober 1886 in Elberfeld, gestorben am 17. Mai 1978 im Exil in Rom, war ein pazifistischer Schriftsteller, Autor expressionistischer Lyrik und zahlreicher Reiseberichte. Im Ersten Weltkrieg war Wegner Sanitätssoldat in Anatolien und wurde Zeuge des Völkermords an den Armeniern. 1933 protestierte er in einem offenen Brief an Hitler gegen die Diskriminierung der Juden in Deutschland, wurde von der Gestapo verhaftet und in den Konzentrationslagern Oranienburg und Börgermoor inhaftiert. 1935 konnte er emigrieren und lebte dann in Ischia. Wegner war bis 1940 verheiratet mit der Schriftstellerin Lola Landau.