Knobloch, Heinz - Schlemihls GartenHeinz Knobloch
Schlemihls Garten
Geschichten. Und Feuilletons von der Seite 22.
Herausgegeben von Peter Moses-Krause.
Mit Zeichnungen von Wolfgang Würfel.
198 Seiten, engl. Broschur, 13,40 Euro.
ISBN 978 3 92181077 4

Was für Theodor Fontane der „Parkettplatz 23“ war, von dem aus er für die „Vossische Zeitung“ 19 Jahre lang das Theater seiner Zeit beobachtete, war für Heinz Knobloch – den Wanderer zu Fontane, den Moralisten und Chronisten – die Seite 22 in der (Ost-)Berliner „Wochenpost“: in seiner wöchentlichen Kolumne (eine Leserin nannte sie „das Lächeln der Zeitung“) hat er 20 Jahre lang das kleine Welttheater, Vergangenheit in der Gegenwart und umgekehrt, zum Thema gemacht. Außer einer Auswahl solcher Feuilletons enthält der vorliegende Band einige – zum Teil bislang unveröffentlichte – „Kalendergeschichten“ über die politischen Jahreszeiten der DDR.

Phantasie für Konsumenten

Und wenn wir nun einen Geschichtenerzähler stehen hätten neben der Warteschlange? Die Natur der Wartesituation kann studiert und mathematisch analysiert werden, wenn die Gesetzmäßigkeiten für die Ankünfte vor der Selbstbedienungs-kasse, der Telefonzelle oder dem Postschalter bekannt sind und die Bedienungszeiten. Doch das erbringt nur, daß die Wartezeit 8 oder 16,5 oder soundsoviel Minuten beträgt. Und in diesen leeren Zeitraum, der den Operationsforscher im Kopf, den forschenden Kunden in den Beinen plagt, könnten Geschichten-erzähler eintreten. Märchenerzähler etwa, mit Orientaroma, zu den Südfrüchten passend, würden tröstlich wirken und durch Weisheiten verhindern, daß die Leute einander nur Wahrheiten ins Genick sagen.

Heinz Knobloch, geboren am 3. März 1926 in Dresden, gestorben am 24. Juli 2003 in Berlin.
Deserteur in Hitlers Krieg; nach amerikanischer Gefangenschaft Rückkehr nach Ost-Berlin; Journalist in der (Ost-)Berliner Wochenpost.
Knobloch hat, nicht zuletzt durch sein Werk Herr Moses in Berlin (West-Berlin 1982; mehrere Auflagen) dazu beigetragen, dass die jüdisch-deutsche Geschichte aufs Tapet kam. Außerdem hat er den „Vater des Berliner Feuilletons“ Victor Auburtin in den Verlag Das Arsenal gebracht.
1994 erhielt Heinz Knobloch (zusammen mit Inge Deutschkron) den Moses Mendelsohn-Preis der Stadt Berlin.