Manfred Flügge
Paris ist schwer
Deutsche Lebensläufe in Frankreich.
Mit einem bisher unveröffentlichten autobiographischen Text von Wilhelm Uhde.
Mit vielen Abbildungen.
272 Seiten, engl. Broschur, 14,90 Euro.
ISBN 978 3 92181020 0
„Paris ist schwer“ – die Klage Rainer Maria Rilkes könnte in jedem der hier versammelten Porträts, Selbstzeugnisse, Gespräche vorkommen, in deutschen Schicksalen in diesem Jahrhundert, die existentiell mit dieser Stadt verflochten sind.
Paris als Utopie und als Exil, als Gegenbild und unversehens als letzte Hoffnung ist die Grundsituation dieser „merkwürdigen Lebensläufe“; sie verlaufen abseits der großen Geschichte, sind private Geschichten, werden aber doch von den Strömungen der Zeit berührt. Historischer Dreh- und Angelpunkt ist in allen Fällen das Jahr 1933.
Von Paris gebannt – nach Paris verbannt, das sind die Pole der hier nachgezeichneten Lebenswege, des Kunstsammlers Wilhelm Uhde aus dem Kreis der Paris-Deutschen im Café du Dôme wie des Literatur-Zensors der deutschen Besatzungsmacht Gerhard Heller oder des aus Berlin geflohenen Buchhändlers Fritz Picard … Ihr Paris lässt sich, um ein Wort von La Rochefoucauld abzuwandeln, nicht direkt ins Auge fassen, wie die Sonne und wie der Tod.
Joseph Roth schrieb 1938:
Gegenüber dem Bistro, in dem ich den ganzen Tag sitze, wird jetzt ein altes Haus abgerissen, ein Hotel, in dem ich sechzehn Jahre gewohnt habe – die Zeit meiner Reisen ausgenommen. Vorgestern abend stand noch eine Mauer da, die rückwärtige, und erwartete ihre letzte Nacht. Die drei anderen Mauern lagen schon, in Schutt verwandelt, auf dem halb umzäunten Platz … Jetzt sitze ich gegenüber dem leeren Platz und höre die Stunden rinnen. Man verliert eine Heimat nach der anderen, sage ich mir. Hier sitze ich am Wanderstab. Die Füße sind wund, das Herz ist müde, die Augen sind trocken. Das Elend hockt sich neben mich, wird immer sanfter und größer, der Schmerz bleibt stehen, wird gewaltig und gütig, der Schrecken schmettert heran und kann nicht mehr schrecken.
Manfred Flügge, geboren am 3. März 1946 in Kolding (Dänemark); Romanistik- und Geschichtsstudium in Münster und Lille. 1976–1988 Dozent an der Freien Universität Berlin. Herausgeber u. a. von Werken Franz Hessels. Lebt als freier Autor in Berlin.