Behnisch, Franz Joachim - LibussaFranz Joachim Behnisch
Libussa
Und andere raffinierte Geschichten.
Herausgegeben von Ehrentraud Dimpfl.
176 Seiten, engl. Broschur, 13,40 Euro.
ISBN 978 3 92181057 6

Umschlagzeichnung von Paul Klee

„Es gibt eine Theorie des Spielerischen, die, über alle rationalen Begründungen hinaus, das Nützliche des Unnützlichen betont, das Erquickende, das Heilende, das Rettende des Spiels beschreibt (Nietzsches Gedanke vom Spiel in der Notwendigkeit, Novalis’ Epigramm vom Experimentieren mit dem Zufall). Es ist eine zärtliche Theorie des Verschwindens im Spiel selbst, vielleicht die stichhaltigste Begründung von Literatur überhaupt“, schrieb Ludwig Harig über eine Erzählung von Franz Joachim Behnisch.
In die Reihe solcher Erzählspiele gehört die vorliegende erste Sammlung kleiner Prosa von Behnisch — eine Einladung zur (Wieder-)Entdeckung.

Wir kriechen in die Höhle der großen Erzählungen, die wohnen dort wie Gustav in Jean Pauls „Unsichtbarer Loge“, genießen darin den Widerschein der Welt wie Katzenbergers Tochter in Maulbronn. Man haust in dem wunderbaren Grubenbau mit Treibel und Besuchow, Leopold Bloom und Madame Bovary, Swann, Odette, Jermolaj, Biberkopf, Samsa und Lady Brett, Bölls Leni Pfeiffer, Herrn von Stechlin, auch Jury Schiwago, Joachim Mahlke, Dr. Jekyll und the old buccaneer with one leg, dazu mit Kater Murr und Berganza, dem Hund.
Angeregt durch die Lektüre von Goethes Faust wollte Henry Miller Schriftsteller werden, mit zwölf. Den Faust enthielt das dicke, stockfleckige Buch, in dem Otto Stettin als Vierjähriger blätterte. Seine Großmutter gab ihm einen Gänsekiel. Er tauchte die Spitze in schwarze Tusche, malte Buchstaben nach, spielte Dichter. Der Ort war ja günstig, Laren und Manen freundlich gesinnt: drüben auf dem Friedhof liegen die Grimms begraben, bei Fontane begegnen uns jenseits der Wannseebahn Herr von Gordon aus Cécile und die Poggenpuhls, später kommen Grass-Figuren dorthin: Walter Matern, Amsel-Goldmäulchen und Jenny Brunies vor der Spirituosenhandlung Leydicke in der Mansteinstraße. Max Halbe wohnte zwei Ecken weiter, auch Schlemihl-Chamisso, aber das ist schon gar nicht mehr wahr.

Franz Joachim Behnisch, geboren am 19. Februar 1920 in Berlin, gestorben am 3. Juni 1983 in Erlangen, Erzähler und Lyriker. Aufgewachsen im literatur- und geschichtsträchtigen Kiez zwischen Altem Matthäus-Friedhof und Gleisdreieck, auf der Grenze der Berliner Bezirke Schöneberg und Kreuzberg. Nach der Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft 1948 setzte Behnisch in München das schon vor dem Krieg begonnene Germanistikstudium fort und war dann 27 Jahre lang Gymnasiallehrer in Weiden in der Oberpfalz. — Ein schmales veröffentlichtes literarisches Œuvre: Kleine Prosa – gedruckt in maßgeblichen Literaturzeitschriften wie akzente und postum (1993) Libussa sowie die Romane Rummelmusik (1966), Nicht mehr in Friedenau (1982) und postum (1994) Eislauf sowie (gleichfalls postum) zwei Lyrikbände.