Behnisch, Franz Joachim - EislaufFranz Joachim Behnisch
Eislauf
Neunzehn Kapitel aus dem versunkenen Vineta.
Aus dem Nachlass herausgegeben von Ehrentraud Dimpfl.
176 Seiten, engl. Broschur, 14,90 Euro.
ISBN 978 3 92181044 6

Dem sinnlosen Spiel der „Historia, blutig und feist“, hat F. J. Behnisch seine eigene Geschichte entgegengesetzt: den einfühlsamen, grotesken und menschlichen Eislauf durch die kleine und große Zeit seiner Generation und durch die Topographie seiner Berliner Kindheit, vom Gleisdreieck über Mitte und Nollendorfplatz des Malers Lesser Ury bis zum Lichterfelde Hindenburgs und Witold Pogankas.

Der Marktplatz von Pitschen, einem Nest am südöstlichen Ende der preußischen Welt, war schon vor hundert Jahren geräumig genug, daß Doppeldecker dort hätten landen können, wenn es sie bereits gegeben hätte und die Pflasterung weniger bucklig gewesen wäre. Das Kind Witold stand an dem Geschäft seines verstorbenen Vaters und starrte zum Himmel, an dem ganze Wolkenflottillen vorübersegelten. Es sah die Wolken aber nicht nur als Schiffe, sondern auch als Personen, groß, fast drohend: Gullivers Riesen, den alten Kaiser, Bismarck. Dazu hörte es Musik, wie seine Tante sie liebte, von Bellini oder Meyerbeer. Die Zukunft konnte Witold da oben nicht sehen, schade. Noch gab es für ihn keine Madame Gravelotte, die sie ihm hätte erklären können.

Franz Joachim Behnisch, geboren am 19. Februar 1920 in Berlin, gestorben am 3. Juni 1983 in Erlangen, Erzähler und Lyriker. Aufgewachsen im literatur- und geschichtsträchtigen Kiez zwischen Altem Matthäus-Friedhof und Gleisdreieck, auf der Grenze der Berliner Bezirke Schöneberg und Kreuzberg. Nach der Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft 1948 setzte Behnisch in München das schon vor dem Krieg begonnene Germanistikstudium fort und war dann 27 Jahre lang Gymnasiallehrer in Weiden in der Oberpfalz. — Ein schmales veröffentlichtes literarisches Œuvre: Kleine Prosa, gedruckt in maßgeblichen Literaturzeitschriften wie akzente und postum (1993) Libussa sowie die Romane Rummelmusik (1966), Nicht mehr in Friedenau (1982) und postum (1994) Eislauf sowie (gleichfalls postum) zwei Lyrikbände.